Reise in die Region Tschernihiw November 2024 Teil 6

 

24. 11. 2024

 

Spaziergänge und Fahrten in und um Korjukiwka, ein schöner Nachmittag mit den "Mädels".

 

Heute erkunde ich Korjukiwka ein wenig mehr, wandere herum und fahre durch die Stadt und die nähere Umgebung. Meinen Morgen-Kaffee bekomme ich im Hloriya, einem Lebensmittelgeschäft mit modernem Kaffeeautomaten gegenüber vom Hotel. Viele Geschäfte sind auch sonntags geöffnet. Ich trinke den Kaffee draußen vor der Tür an einem Stehtisch neben anderen Männern, die hier beim Kaffee auch ihre Zigarette rauchen. Der zentrale Platz von Korjukiwka liegt vor uns, im Süden von einem Bankgebäude und im Norden von einem Gebäude des Bezirksgerichts begrenzt.

 

  

Die Schule Nr. 1 von Korjukiwka hatte ich im Mai 2024 kurz besichtigen können, der Besuch musste aber wegen eines Luftalarms abgebrochen werden. Alle  SchülerInnen und LehrerInnen haben nach dem Alarm schnell das Schulgebäude verlassen, einige Kinder sind nach hause geeilt, alle anderen mit den LehrerInnen in einen Schutzraum in der Nähe. Der Schutzraum war niedrig mit einem Sandboden und dürftig ausgestattet. Hier verbringen SchülerInnen und LehrerInnen manchmal Stunden.

Am Nachmittag hat Olga ein Treffen mit den Mädels organisiert. „Die Mädels“, wie sie sich selbst genannt haben, das sind Olga, Olena und Alina, alle waren Betreuerinnen und Mütter am Feriencamp in Wismar im Juni 2024. Olena hat ihren Mann Yuriy mitgebracht. Wir treffen uns alle im Restaurant Vivino, welches sich unterhalb der Räume des Hotels befindet, in dem ich übernachte.

   

Es folgen sehr schöne, emotionale Stunden mit wunderbarem Essen und Trinken, ein Fest nicht nur für die Gaumen, auch für die Augen.

Ich bekomme ein traditionelles ukrainisches Hemd geschenkt und verspreche, es zu Weihnachten zu tragen. Vielleicht ist es das schönste, was man in der Ukraine geschenkt bekommen kann.

 

 

25. 11. 2024

 

Gespräch mit der Direktorin des Historischen Museums Korjukiwka, Weiterfahrt nach Nizhyn und Empfang durch Julia und ihre KollegInnen im Rathaus

 

Für 10 Uhr hat Kateryna mich mit Ljudmila Babich, der Direktorin des Museums, verabredet. Gegen 12 Uhr will ich nach Nizhyn aufbrechen, ich packe also meine Sachen zusammen und bringe sie ins Auto, hole mir aus dem Hloriya zwei Kaffee, die ich draußen neben den Rauchern trinke und genieße einen entspannten Start in den Tag.

Pünktlich bin ich am Eingang des Museums, Kateryna empfängt mich und wir gehen zum Büro der Direktorin. Es folgt ein etwas förmlicheres Gespräch, bei der Direktorin eben, aber sehr offen und herzlich im Ton. Ich berichte von meines ersten Erfahrungen mit einer Ausstellung über Tschernihiw als belagerte Stadt und von meinen bisherigen Sondierungen zu einer Ausstellung über Korjukiwka in Schwerin, reiche eine Visitenkarte weiter, die ich in Schwerin erhalten habe. Frau Babich erzählt mir jetzt von den Bemühungen des Museums, an deutsches Archivmaterial über die Zeit der deutschen Besatzung im Frühjahr 1943 zu gelangen. Aus einem Ordner holt sie eine Schreiben der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg zur Verfolgung nationalsozialistischer Verbrechen. Dorthin gab es schon Kontakt, offensichtlich aber keine vom Museum in Korjukiwka erhoffte Unterlagen. Aus heimischen, sowjetischen und ukrainischen Quellen gebe es weniger Material, vieles sei im Krieg 1943 verloren gegangen.

Gästebucheintrag Museum Korjukiwka

 

Dann wird mir eine wirkliche Ehre zuteil, ich darf einen Text in das Gästebuch des Museums schreiben. Ich blättere ein wenig zurück im Gästebuch, gibt es bisher allermeist Einträge von ranghohen Politikern, auch aus dem Ausland.

Schließlich gehen wir zusammen ins Cafe / Restaurant Pizza Di Roma, wo Volodymyr mit einer großen Plastiktasche dazu kommt. Darin sind nicht nur etliche Aprikosen-Croissants, sondern auch ein kleines dunkles und ein größeres Hörnchen förmiges, helleres Brot aus der Bäckerei. Mein Reiseproviant nicht nur für den heutigen Tag. Wir frühstücken ausgiebig, Kaffee mit den großen, gefüllten Croissants. Welch eine offene, gastfreundliche Atmosphäre. 

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Später gibt es einen sehr schönen Facebook-Post über meinen Besuch bei der Direktorin. Ob Kateryna die Faceboot-Seite des Museums pflegt?

Dann nehmen wir Abschied voneinander und ich breche nach Nizhyn auf.

Ortsschild Korjukiwka 11 2024.2jpg 

Nach den Erfahrungen aus dem Mai 2024 mit der Fahrt von Nizhyn nach Korjukiwka, die Empfehlung von google maps hatte eine Stunden lange Irrfahrt bis nach Mitternacht zur Folge, fahre ich jetzt in einem großen Bogen die Schnellstraße über Tschernihiw und dann wieder nach Osten nach Nizhyn. Zwischen Korjukiwka und Nizhyn fließt aus Russland kommend die Desna, ein Fluss mit teils breiten Sumpfgebieten beiderseits und nur wenigen Brücken für den Nord-Süd-Verkehr, die nicht immer passierbar sind, wie ich im letzten Mai bei Hochwasser gelernt habe. Ich rechne mit gut 3 Stunden Fahrt nach Nizhyn.

Korjukiwka Nizhyn googlemaps

 

   

Gegen 16 Uhr komme ich in Nizhyn an.

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Näheres zur Stadt Nizhyn hier -> und zu ihren Partnerschaften mit deutschen Kommunen  hier ->

Julia hat mir das Park Hotel in der Innenstadt empfohlen, wo ich also übernachten werde. Ich habe Julia kurz während des Besuchs einer Delegation aus der Region Tschernihiw in Schwerin im Juli 2024 kennen gelernt. Julia spricht ausgezeichnet Deutsch. 

Das Hotel ist Teil eines größeren Gebäudes mit einem Supermarkt im Erdgeschoss, der schon um 7 morgens öffnet und einen modernen Kaffeeautomaten hat.

Dort gehen wir in ihr Büro und schon kommen nach und nach Kolleginnen und Kollegen von Julia dazu. Yuliia, Abteilungsleiterin und wohl Vorgesetzte von Julia, Kateryna, die ich im Mai 2024 auf einer Veranstaltung des Deutsch-Ukrainischen Büros in Berlin kurz getroffene habe, Dmytrii, und noch eine weitere Kollegin. Dort geht es munter durcheinander, mit Juliia und einer Kollegin von ihr kann ich Deutsch sprechen, mit Juliia, Dmytrii und Kateryna Englisch und alle außer mir sprechen natürlich auch munter Ukrainisch. Eine fröhliche Stimmung und Neugier.

Dann geht es mit Julia und einer Kollegin in ein schönes Restaurant. Um etwa 18.30 Ur verlassen wir das Lokal, Julia und ihre Kollegin müssen schließlich nach hause, die Familien warten.

Ein sehr freundlicher und offener Empfang in Nizhyn.

  

 

Für den nächsten Tag hat Julia einiges geplant....

 

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© Copyright Text und Fotos Gerhard Bley